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Gärtnern und Lesen. Zum 08. Mai

  • Autorenbild: Dörthe Kähler
    Dörthe Kähler
  • 7. Mai
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Mai



Gedenken an alle, die Freiheit und Leben wollten
Gedenken an alle, die Freiheit und Leben wollten

Am 8. Mai 1945 schuftete Ingeburg Kähler seit früh in einer Schleusinger Gärtnerei, genoß "erster Hand" den überbordenden Frühling und dokumentierte dann, wie es sich für Lehrlinge gehörte, akribisch alle Garten- und Wetterbesonderheiten des Tages. Am Abend war für sie schon Geschichte, daß die Deutsche Wehrmacht endlich kapituliert und die Amerikaner Thüringen besetzt hatten: Nun ging es ums Überleben und darum, im Chaos neues Leben zu erdenken, zu wagen und zu verteidigen.


Um Ingeburg herum waren die, auch ihrer eigenen Generation, die "mitgemacht", sich um Politik "nicht gekümmert" und all jene, die heißen Herzens geglaubt hatten, mit dem nationalen Sozialismus ihre, ja, die ganze Welt retten zu können. Fast alle hatten Staat, Partei und Führer zugejubelt oder hatten genickt, hatten den Zeitungen, dem Radio, den Wochenschauen, den Lehrern und Parteigenossen vieles geglaubt. Millionen hatten alles ertragen, die Regeln eingehalten, hatten nach Verrätern und Abweichlern gesucht, die Kriegswirtschaft am Leben gehalten, den Krieg selbst, hatten den alten, neuen Haß auf Juden immer neu entflammt, den Haß auf krankes, lebensunwertes Leben, den Haß auf Andersdenkende. Nicht wenige hatten gemordet, die meisten hatten nicht nach den Ermordeten gefragt und einige waren in die Wohnungen der Verschleppten eingezogen.


Am 8. Mai und danach wollten viele nichts mehr vom 7. Mai und allem davor wissen. Sie wollten den Schlußstrich ziehen. Sie suchten Schuldige. Sie hatten damit nichts zu tun. Nun mußte es auch einmal genug sein.


Inge kam aus der Gärtnerei, es war ein Tag wie jeder andere und doch: Nun war sie frei, endgültig frei! Sie war befreit! Endlich!

Aber - war der Albtraum ihrer diktaturgläubigen Generation vorüber?


(Mehr dazu im Buch "Frei - in zwei Diktaturen"! Manche sagen, das Buch sei wahnsinnig spannend! - wie ein Krimi...)


Gärtnern und Lesen
Aus dem Tagebuch Ingeburg Kähler 08. Mai 1945


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