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Sommertag (2) Auf Ägina

"Als wir losgingen, war es fast unmöglich, Liegi beizubringen, daß er auf diese Wanderung nicht mitkommen konnte. Wir wollten ja die lange Uferstraße entlang, die ist zu gefährlich für ihn. Ich mußte streng sein, das kann ich auch, ich bin ja für ihn verantwortlich. Aber ich glaube, er war mir böse deswegen.


Sonst bin ich nicht dafür, streng zu sein, es fällt mir schwer. Wenn die anderen mit Liegi schimpfen, weil er etwas nicht recht gemacht hat, dann beschütze ich ihn. Er ist ein freier Hund! Noch nie hat ihn jemand an die Kette gelegt. Er kann selbst entscheiden, was er tun will. Und er hat die Würde eines freien Hundes.


Beim Leuchtturm steht eine kleine weißgetünchte Kirche, eine Seemannskapelle, die weithin zu sehen ist. Da gingen wir hinein. Drinnen war es schattig, aber nicht kühler. In einer hohen Metallschale voller Sand brannten viele dünne gelbe Kerzen. Sie brannten und bogen sich mit dem Docht herunter zum Sand, der sie auslöschte.


Es war schwülheiß hier, es roch nach Kerzenrauch und Weihrauch.


Ich wollte eine Kerze anzünden. Und da wollten es die anderen auch. Als alle ihre Kerze angezündet und in den Sand gesteckt hatten, habe ich laut gesagt: "Ich brenne diese Kerze für Liegi an, damit er niemals mehr traurig sein muß, damit er gesund wird und ein Zuhause findet." Die anderen haben auch gebetet und alle haben es für Liegi getan. Wir waren ganz still danach. Uns war traurig und froh zugleich zumute. Ob nun alles gut wird für Liegi?"


Auszug aus "Meine Helden von Ägina", Dörthe Kähler, rainStein 2019: eine wahre Geschichte für Kinder und Erwachsene


An einem Sommertag: Kirche auf Ägina

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